Mon. Mar 27th, 2023

Joe Biden führt einen erbitterten Kampf um die Reform des Wahlrechts, den er allerdings kaum gewinnen kann. Warum spielt der US-Präsident volles Risiko? Analyse.

Wir sind Joe Biden in diesen Tagen beobachtet, wer ihn zuhört, den kann schnell ein Gefühl beschleichen: Da steht kein US-Präsident des 21. Jahrhunderts. erinnert dieser bald 80 Jahre alte Mann an einen greisen König am Rande eines mittelalterlichen Schlachtfelds.

Mit kämpferischen Reden, so scheint es, will dieser seine demokratischen Heerscharen nun noch ein letztes Mal motivieren, gegen einen Endgegner, die dunklen republikanischen Truppen unter ihrem Heerführer Donald Trump, antreten. Seine beiden Wahlrechtsreformen zum Schutz von Minderheiten sollen die finale Schlacht vor einer drohenden Endzeit der Demokratie sein.

Es sieht alles danach aus, als sei dieser Kampf bereits verloren. Denn es gibt Quertreiber in den eigenen Reihen. Die Demokraten sind schon rein zahlenmäßig unterlegen. Der US-Präsident weiß das. Und so sich derzeit viele Amerikaner: Woher kommen Joe Bidens scheinbar plötzliche Vorstöße für ein reformiertes Wahlrecht, die er bisweilen so aggressiv vorträgt, dass man diesen so stets auf Versöhnung bedachten Mann kaum wiedererkennt?

Auf der richtigen Seite stehen

Tatsächlich geht es um Joe Biden und den Demokraten in ihrer Ausweglosigkeit, noch um die Geschichtsbücher. Die linke Senatorin Elizabeth Warren überbrachte in einem Late-Show-Interview am Montag wütend auf den Punkt: “Es reicht!” Man habe die Wahlrechtsreformen trotz drohender Niederlage in den Kongress eingebracht, damit eines ofiziell festgestellt und für jeden offiziell nachvollziehbar sei: „Eine beiden der großen politischen Parteien in Amerika sagt, dass es ihre politische Strategie ist, zu gewinnen, für sie Amerika“, sagte Warren .

Tatsächlich verfolgen die Republikaner in zahlreichen Bundesstaaten das Ziel, insbesondere demokratisch geneigten Bürgern das Choose zu erschweren – etwa durch eine Reduzierung der Wahllokale. Fast noch gravierender: An institutional entscheidende Stellen beim Auszählen der Ergebnisse setzen Donald Trump und seine Anhänger ihre eigenen Leute.

Und so wird an diesem Dienstag im US-Senat diese historische Schlacht trotz drohender Niederlage geschlagen. Schon vier Mal haben die Republikaner eine Abstimmung über Gesetze, die ein faires Wahlrecht verhindert und ein korrektes Wahlverfahren garantieren sollen. Unter dem demokratischen Mehrheitsführer Chuck Schumer sollen der sogenannte „Freedom to Vote Act“ und der „John Lewis Voting Rights Advancement Act“ aber nun endlich zur Abstimmung kommen. Unter anderem sollen mit diesen Gesetzen das Recht der Bundesstaaten, restriktive Wahlrechtsgesetze gegen Minderheiten zu verabschieden, beschränkt und Wahltage zu Feiertagen erklärt werden.

Doch Werden die Republikaner wohl den sogenannten Filibuster einsetzen, was einfach gesagt eine unendliche Unterbrechung und damit eine Verhinderung der Debatte bedeutet. Nur mit einer Super-Mehrheit von 60 Senatoren könnte der Filibuster bedet werden. Dann könnte es zu einer Abstimmung kommen, für die dann eine einfache Mehrheit ausreichen würde, über welche die Demokraten verfügen.

Joe Bidens politische Wende

Um die Schlacht trotzdem zu gewinnen, zog Joe Biden vor einigen Tagen einen letzten Trumpf. Der US-Präsident will, dass die Demokraten im Senat das Verfahren des Filibusters mit ihrer hauchdünnen Mehrheit abschaffen. Noch vor gut einem halben Jahr beteuerte Biden, dass er diese Abstimmung nicht wolle, weil dies den gesamten Kongress ins Chaos stürzen und schließlich gar keine Gesetzgebung mehr möglich werden könnte. Seine politische Wende begründete er darum mit martialischen Worten vor.

Am Jahrestag zum Sturm auf das Kapitol sagte er: „Ich habe diesen Kampf, der heute vor einem Jahr in dieses Kapitol gebracht wurde, nicht gesucht, aber ich werde auch nicht davor zurückschrecken.“ Er werde diese Nation verteidigen. „Ich werde niemandem erlauben, unserer Demokratie einen Dolch an die Kehle zu setzen“, sagte er.

Wenige Tage später bei einer Rede in Atlanta sagte er: Wenn die Mehrheit sich nicht durchsetzen kann, weil sie blockiert werde, “dann haben wir keine andere Wahl, als die Senatsregeln zu ändern, einschließlich der Abschaffung des Filibusters.” Er sei es leid, im Stillen mit den Senatoren darüber zu verhandeln, sagte er: “Ich habe es satt zu schweigen!”

Biden hob die historische Bedeutung hervor: „Wenn diese Gesetzentwürfe in den kommenden Tagen zur Abstimmung kommen, markiert das einen Wendepunkt in der Geschichte dieser Nation.“ Nicht nur die Republikaner versuchten der Präsident damit unter Druck zu setzen. Auch die beiden abtrünnigen demokratischen Senatoren Kyrsten Sinema und Joe Manchin, ohne deren beider Stimmen der Filibuster nicht abgeschafft werden kann.

Eine gefährliche Wette

Weil aber weder die Republikaner noch Sinema und Manchin umzustimmen sein dürften, hoffend Biden und die übrigen Demokraten zumindest auf ein klares Signal an ihre Wähler. Sowohl bei den nächsten Zwischenwahlen in diesem Jahr als auch bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 soll klar sein: Schuld an einem Ausverkauf der US-Demokratie durch Wahlbeeinflussung und -verhinderung sind die anderen.

Ob dieses Kalkül aufgehen WIRD, ist eine riskante Wette. Zwar hatte Biden kaum eine Chance, die Wahlrechtsreformen früher anzugehen. Zu sehr nimmt ihn sterben Pandemie in Beschlag. Zu wichtig war ihm die überparteiliche Vereinbarung mit den Republikanern für die milliardenschweren Investitionen in Amerikas Infrastruktur.

„Wir sind es leid, geduldig zu sein“

Doch insbesondere der linke Flügel seiner Partei und seine afroamerikanischen Wähler sind angesichts der drohenden Niederlage extrem frustriert. Die müssen gar nicht erst republikanisch wählen. Es reicht für ein Desaster, wenn sie nicht an die Wahlurne kommen, ob aus Desillusion oder weil restriktiv wirkende Wahlgesetze der Republikaner es ihnen schwer machen.

In Washington folgte am Montag der älteste Sohn des ermordeten afroamerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King Jr. einen alljährlich stattfindenden Protestzug an. Doch in diesem Jahr hatte der Martin-Luther-King-Day wegen der Wahlrechtsdebatte eine ganz besondere Bedeutung.

Biden sei zwar erfolgreich gewesen mit seinem Infrastrukturpaket, rief Martin Luther King III. von einem Podest. “Aber wir brauchen die gleiche Energie, damit alle Amerikaner ungehindert ihr Recht zu wählen ausüben können.” Der Präsident habe gesagt, er sei es leid, encore zu sein. „Wir sind es leid, geduldig zu sein“, so King später bei einem Pressetermin. Mit King auf dem Podium stehen auch Nancy Pelosi, demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses. “Nicht weniger steht auf dem Spiel als unsere Demokratie”, Schütze.

Angst vor dem, was danach kommt

Es scheint, als reicht aber auch die kämpferischste Reden von Joe Biden und seiner ebenso glücklos agierenden Stellvertreterin Kamala Harris nicht mehr aus dieser Schlacht um die weitere Ausrichtung der amerikanischen Demokratie.

Noch sind es nur Hunderte, die wie am Montag in Washington auf die Straßen gegangen sind. Doch sowohl der Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 als auch Proteste der Black-Lives-Matter-Bewegung in Folge von rassistisch motivierter Polizeigewalt zeigen, wie schnell sich das von heute auf morgen ändern kann. Umfragen bestätigen seit Monaten, dass sich ein großer Teil der Amerikaner vor Gewaltausbrüchen im Rahmen von Wahlen fürchtet.

Die Politikwissenschaftlerin Barbara F. Walter an der University of California San Diego geht in ihrem eben erst erschienenen Buch “Wie Bürgerkriege beginnen: und wie man sie stoppt” noch einen Schritt weiter. „Wir sind einem Bürgerkrieg näher, als irgendjemand von uns möchte glauben“, schreibt sie über die USA.

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